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Wachstumschancengesetz endlich verkündet
Am 22. März 2024 hat der Bundesrat dem Kompromissvorschlag des Vermittlungsausschusses zum Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (kurz Wachstumschancengesetz) zugestimmt. Das Wachstumschancengesetz soll Unternehmen durch steuerliche Entlastungen helfen, in angespannten Zeiten zu investieren, und Impulse für Wachstum senden. Damit soll der Standort Deutschland gestärkt werden, indem Unternehmen wettbewerbsfähiger gemacht werden.
Geplant war ein Beschluss des Gesetzes bereits für das Jahresende 2023 mit einem Entlastungsvolumen von 7 Mrd. €. Dieser Entwurf konnte keine Mehrheit finden. In dem folgenden Vermittlungsverfahren wurde das Volumen auf 3,2 Mrd. € herunter gekürzt.
Wir haben nachfolgend die Neuerungen durch das Wachstumschancengesetz für Sie zusammengefasst. Bitte beachten Sie, dass dieser Artikel keine Vollständigkeit garantiert – für eine individuelle Beratung wenden Sie sich bitte direkt an uns.
Qualifizierungsgeld
Das Qualifizierungsgeld nach § 82a SGB III bleibt steuerfrei und unterliegt dem Progressionsvorbehalt.
Geschenke
Die Freigrenze für Geschenke wird von 35 Euro auf 50 Euro angehoben.
E-Mobilität
Die bestehende Bruttolistenpreis-Grenze von 60.000 Euro bei Privatnutzung eines betrieblichen reinen E-Fahrzeugs wird auf 70.000 Euro angehoben.
Bewertung
Einlagen junger Wirtschaftsgüter werden künftig nur dann mit den fortgeführten Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten bewertet, wenn diese aus dem Privatvermögen stammen.
AfA
Die degressive AfA für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens kann für Wirtschaftsgüter, die nach dem 31.03.2024 und vor dem 01.01.2025 angeschafft oder hergestellt werden, angewandt werden. Eine degressive AfA von fünf Prozent wird für Gebäude ermöglicht, mit deren Herstellung nach dem 30.09.2023 und vor dem 01.10.2029 begonnen wird.
Mietwohnungsneubau
Der Förderzeitraum der Sonder-AfA für Mietwohnungsneubau verlängert sich; Baukostenobergrenze und Förderhöchstgrenze angehoben.
Bewegliche Wirtschaftsgüter
Der Prozentsatz der Sonderabschreibung bei abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens wird von 20 Prozent auf 40 Prozent der Anschaffungs- oder Herstellungskosten erhöht.
Werbungskosten
Der Pauschbetrag für Berufskraftfahrer wird von 8 Euro auf 9 Euro pro Tag angehoben.
Erweiterter Verlustvortrag
Für den Teil, der den Sockelbetrag von einer Mio. Euro bzw. zwei Mio. Euro (Ehegatten) überschreitet, wird der Verlustvortrag von 60 Prozent auf 70 Prozent Gesamtbetrags der Einkünfte des Verlustvortragsjahres befristet für die VZ 2024 bis 2027 erhöht.
Versorgungsfreibetrag
Von Versorgungsbezügen bleibt ein nach einem Prozentsatz ermittelter und auf einen Höchstbetrag begrenzter Versorgungsfreibetrag sowie ein Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag steuerfrei. Ab dem VZ 2023 wird der Prozentwert zur Bemessung des Versorgungsfreibetrags nur noch in jährlichen Schritten von 0,4 Prozentpunkten verringert. Der Höchstbetrag sinkt ab dem Jahr 2023 um jährlich 30 Euro, der Zuschlag zum Versorgungsfreibetrag um jährlich 9 Euro.
Rentenbesteuerung
Der Anstieg des prozentualen Besteuerungsanteils für jeden neuen Renteneintrittsjahrgang wird auf einen halben Prozentpunkt jährlich reduziert.
Private Veräußerungsgeschäfte
Die Freigrenze, nach der Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften steuerfrei bleiben, wird von 600 Euro auf 1.000 Euro angehoben.
Altersentlastungsbetrag
Ab dem Jahr 2023 wird der anzuwendende Prozentsatz für den verlangsamten Anstieg des Rentenbesteuerungsanteils in jährlichen Schritten von 0,4 Prozentpunkten verringert. Der Höchstbetrag sinkt beginnend mit dem Jahr 2023 um jährlich 19 Euro anstatt wie bisher um 38 Euro.
Verbesserung der Thesaurierungsbegünstigung
Der begünstigungsfähige Gewinn um die gezahlte Gewerbesteuer und die Beträge, die zur Zahlung der Einkommensteuer nach § 34a Abs. 1 EStG entnommen werden, wird erhöht. Darüber hinaus wird Gestaltungsmodellen entgegengetreten, die der Zielsetzung der Thesaurierungsbegünstigung des § 34a EStG entgegenlaufen. § 34a Abs. 2 S. 2 EStG enthält zukünftig eine Fiktion, wonach Entnahmen vorrangig bis zur Höhe der Einkommensteuer i. S. v. § 34a Abs. 1 S. 1 EStG und des darauf entfallenden Solidaritätszuschlags als zur Zahlung dieser Beträge verwendet gelten.
Lohnsteuereinbehalt/ Fünftel-Regelung
Die Fünftel-Regelung für Arbeitslohn wird im Lohnsteuerabzugsverfahren abgeschafft.
Gruppenunfallversicherung
Der Grenzbetrag bei der Pauschalbesteuerung einer Gruppenunfallversicherung für mehrere Arbeitnehmer wird aufgehoben.
Beschränkte Steuerpflicht
Einführung einer Fiktion: Nichtselbstständige Arbeit gilt als im Inland ausgeübt oder verwertet, soweit die Tätigkeit im Ansässigkeitsstaat des Steuerpflichtigen oder in einem oder mehreren anderen Staaten ausgeübt wird. Außerdem muss ein mit dem Ansässigkeitsstaat abgeschlossenes DBA oder eine zwischenstaatliche Vereinbarung für diese im Ansässigkeitsstaat oder in einem oder mehreren anderen Staaten ausgeübte Tätigkeit Deutschland ein Besteuerungsrecht zugewiesen sein.
Option zur Körperschaftsteuer
Der Anwendungsbereich der Option zur Körperschaftsteuer wird auf eingetragene Gesellschaften bürgerlichen Rechts ausgeweitet. Zudem werden weitere Anpassungen vorgenommen.
Unschädlichkeitsgrenze
Die Unschädlichkeitsgrenze für Vermietungsgenossenschaften und -vereine wird erhöht.
Kapitalertragsteuer-Erstattungsanspruch
Mit einem neuen Erstattungsanspruch wird die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG für ausländische, in EU- und EWR-Staaten ansässige, gemeinnützige Organisationen auch im Bereich der Kapitalertragsteuer nachvollzogen.
Erweiterte Grundstückskürzung
Die Unschädlichkeitsgrenze bei der erweiterten Grundstückskürzung wird von 10 Prozent auf 20 Prozent steigen.
E-Rechnungspflicht
Elektronische Rechnungen sind im B2B-Bereich künftig verpflichtend.
Umsatzsteuervoranmeldung
Unternehmer werden von der Pflicht zur Abgabe von Voranmeldungen und Entrichtungen der Vorauszahlung befreit, wenn die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 2.000 Euro betragen hat.
Umsatzsteuerjahreserklärung
Kleinunternehmer werden grundsätzlich von der Übermittlung von Umsatzsteuer-Jareserklärungen befreit.
Verzicht auf Kleinunternehmerregelung
Unternehmer können bis zum Ablauf des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres den Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung erklären.
Ist-Versteuerung
Die Möglichkeit der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten statt vereinbarten Entgelten wird von 600.000 EUR auf 800.000 EUR angehoben.
Internationales Risikobewertungsverfahren
Einführung eines zwischenstaatlichen Risikobewertungsverfahrens über § 89b AO.
Anzeigen über die Erwerbstätigkeit
Wenn kein steuerliches Ausfallrisiko besteht, wird auf die Anzeigen einer Erwerbstätigkeit und die hieran regelmäßig anschließende Auskunftspflicht gegenüber dem örtlich zuständigen Finanzamt verzichtet.
Buchführungspflicht
Die Grenzen zur Buchführungspflicht werden auf 800.000 Euro (Umsatz) und 80.000 Euro (Gewinn) erhöht. Die Anpassung erfolgt entsprechend im HGB.
Aufbewahrungspflicht
Steuerpflichtige mit Überschusseinkünften von mehr als 750.000 Euro im Kalenderjahr müssen Aufzeichnungen und Unterlagen über die den Überschusseinkünften zugrunde liegenden Einnahmen und Werbungskosten für sechs Jahre aufbewahren.
Aussetzungszinsen
Aussetzungszinsen werden für von der Vollziehung ausgesetzte Haftungsansprüche eingeführt.
Grenzüberschreitende Finanzierungsbeziehungen und -dienstleistungen
Es werden neue Regelungen für grenzüberschreitende Finanzierungsbeziehungen und -dienstleistungen eingeführt.
Nachspaltungsveräußerungssperre
Die Nachspaltungsveräußerungssperre in § 15 Abs. 2 S. 2 bis 4 UmwStG wird umformuliert.
Mit dem Wachstumschancengesetz kommen 2024 etliche steuerliche Neuerungen auf Steuerzahler zu. Doch nicht alle vorgeschlagenen Änderungen haben es in das Gesetz geschafft. Beispielsweise bleibt Steuerpflichtigen die Meldepflicht für nationale Steuergestaltungen erspart. Auch eine Einführung für Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung fehlt sowie eine Anhebung des jährlichen Freibetrags für Betriebsveranstaltungen.